Hagemann und Sippel initiieren Info-Abend – Region wehrt sich gegen Fluglärm

„Was können wir effektiv tun, um uns zu wehren?“ Diese Kernfrage bewegte die meisten der 180 Besucher der Informationsveranstaltung am Montagabend in der Wörrstädter Neubornhalle. Bundestagsmitglied Klaus Hagemann (SPD) und der Landtagsabgeordnete Heiko Sippel (SPD) haben aus diesem Anlass Dr. Lothar Kaufmann, Leiter der Verkehrsabteilung im Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur Rheinland-Pfalz und Karsten Jacobs, Gründer der Initiative gegen Fluglärm in Rheinhessen eingeladen, um mit den Menschen in Rheinhessen, speziell auch in der VG Wörrstadt, über das erhöhte Flugaufkommen zu diskutieren und über die weiteren Befürchtungen im Zusammenhang mit der Südumfliegung aufzuklären.

 

„Hier in der Region müssen die Menschen noch stärker auf das Thema aufmerksam werden, es steht noch nicht so sehr im Mittelpunkt“ stellte Heiko Sippel fest. Schon jetzt habe der Fluglärm aufgrund geänderter Anflugrouten enorm zugenommen. „Mit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn Nordwest des Flughafens Frankfurt am 21. Oktober wird aber auch bei Abflügen eine zusätzliche Belastung für Rheinhessen entstehen“, so Sippel, der auf die von der Flugsicherung entwickelte Südumfliegung verwies. Stadtbürgermeister Ingo Kleinfelder pflichtete ihm bei, dass man die Zunahme des Fluglärms deutlich spüre und es deshalb jetzt an der Zeit sei, als Region für die eigenen Interessen einzutreten.

 

In einer fachlich fundierten Präsentation mit vielen Zahlen und Statistiken erläuterte Dr. Lothar Kaufmann die Problematik. Durch die Eröffnung der neuen Landebahn Nordwest wird es eine Neuordnung des Luftraums geben. Immerhin sollen 2020 schon 701.000 Flugbewegungen pro Jahr stattfinden statt wie bisher 464.000 – das entspricht einer Belastung von 650 Abflügen und Landungen am Tag mehr.

 

Anhand einer Karte zeigte der Fachmann auch, dass speziell Rheinhessen die stärkste Lärmzunahme zu erwarten habe, während es zum Beispiel auf Routen über dem Taunus kaum noch zu Flugverkehr komme. Das Argument der Flugsicherung, die Südumfliegung sei aus Gründen der Sicherheit erforderlich, lasse das Land Rheinland-Pfalz nicht gelten. Ein unabhängiges Gutachten habe eindeutig Alternativen aufgezeigt, die eine bessere Verteilung der Routen ermöglichten. Da die Landesregierung eine klare Benachteiligung für Rheinhessen sehe, werde es gegen die Festlegung der Südumfliegung entweder selbst klagen oder eine Klage von Kommunen unterstützen.

 

Karsten Jacobs von der Initiative gegen Fluglärm in Rheinhessen unterstrich die Ablehnung einer einseitigen Belastung durch die Südumfliegung. Er wünschte sich, dass sich der Bürgerprotest noch stärker formiere und Aktionen wie Demonstrationen und vermehrt Beschwerden bei der Deutschen Flugsicherung und beim Deutschen Fluglärmdienst (DFLD) durch viele Bürgerinnen und Bürger unterstützt werden.

 

Deutliche Worte gingen in Richtung Hessen. MdL Heiko Sippel verwies darauf, dass die hessische Landesregierung im Rahmen des Mediationsverfahrens zur neuen Landebahn ein Nachtflugverbot zugesichert habe. Im Planfeststellungsbeschluss sei vom Nachtflugverbot keine Rede mehr gewesen. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Hessen, wonach mehr Rücksicht auf die Nachtruhe zu nehmen sei, habe Hessen sogar Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt. „Das ist geradezu grotesk und eine Missachtung der Bürgerinteressen“, bemerkte Heiko Sippel.

 

Klaus Hagemann konnte ebenfalls einen Beleg für die Ignoranz der hessischen Landesregierung liefern. Jüngst schickte er eine Anfrage an das hessische Verkehrsministerium mit der Bitte, mehr Mitglieder aus Rheinland-Pfalz in die Fluglärmkommission einzubinden. Die Antwort des hessischen Verkehrsministers Dieter Posch (FDP) fiel deutlich unzufrieden stellend und an der Realität vorbei aus. Es gäbe keinen Grund noch weitere Mitglieder aus dem Nachbarland in die Kommission aufzunehmen, denn eine „besondere Belastung von Rheinland-Pfalz wird durch die Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest nicht gesehen, da die Anflugstrecken für diese Bahn ausschließlich über hessischem Gebiet liegen.“

 

Die Nachtruhe müsse unbedingt gewahrt werden, machte Sippel deutlich. Karsten Jacobs kämpft mit seiner Initiative nicht nur für ein Nachflugverbot von 22 – 6 Uhr, sondern auch für alternative Anflugverfahren, um den Lärmpegel von teilweise bis zu 80 Dezibel deutlich zu verringern. „Ich kann nur wiederholen, werden Sie aktiv, beschweren Sie sich, nehmen Sie an Demonstrationen teil,“ rief er aus. Am 22. Oktober veranstaltet er eine Großdemonstration in Mainz ab 11 Uhr, bei der bis zu 20.000 Teilnehmer erwartet werden.

mth