Dem Populismus entgegen treten
Die närrische Zeit ist vorüber, die bunten Kostüme wurden eingepackt, Zeit sich wieder ernsteren Themen zuzuwenden. Wer den 20. Politischen Aschermittwoch der Alzeyer SPD besucht hat, konnte es spüren: Ernsthaft wurde es sicherlich. Aber Euphorie und Optimismus sind die vorherrschenden Stimmungen an diesem Abend. Zwei Hauptredner sind zu Gast: MdB Marcus Held und Hendrik Hering, Präsident des rheinland-pfälzischen Landtags. Der Festsaal im Stadtweingut ist prall gefüllt mit SPD-Mitgliedern und vielen Interessierten.
„Der Schulz-Zug rollt, die SPD ist im Aufwind“, eröffnet der Alzeyer SPD-Vorsitzende Heiko Sippel den Abend. Die Stimmung in den Reihen der SPD sei seit der Nominierung von Martin Schulz überaus optimistisch. „Er erreicht die Menschen und kann begeistern, die Bundestagswahl im September wird spannend“, betont der Landtagsabgeordnete. Die Forderung, vieles müsse gerechter werden, finde Anklang, ebenso das Eintreten für gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein demokratisches Europa.
„Ich hoffe, dass von diesem Aschermittwoch ein Impuls für die Bundestagswahl ausgeht“, erläutert MdB Marcus Held. An Fastnacht sei nicht alles ernst, dennoch ruhe bei allem Spaß auch ein Kern Ernsthaftigkeit. „Es ist positiv zu sehen, wie die Veranstaltungen an Fastnacht zum Ausdruck gebracht haben, dass Volksverhetzer, Rechte und Braune hier nichts zu suchen haben“, betont Held gegenüber den Anwesenden. Es sei Zeit für eine sozialdemokratisch geführte Regierung und für eine gerechte Politik. Schulz Kandidatur erinnere ihn an das Jahr 1998 als Gerhard Schröder in Bayern die Zelte gefüllt habe. „Mit der Zwietracht in der Union ist keine produktive Arbeit für die Bundesrepublik möglich“, unterstreicht Held. Die Wahl des Bundespräsidenten Steinmeier sei darüber hinaus ein sehr gutes Zeichen für die SPD.
Hendrik Hering erinnert an die Landtagswahl: „2016 war ein phänomenales Jahr für die SPD in Rheinland-Pfalz. Noch im Januar sah es nicht so gut aus. Aber mit einer glaubwürdigen Kandidatin Malu Dreyer, einer hoch motivierten Partei und einem überzeugenden Programm haben wir im März einen tollen Wahlsieg geschafft. 2017 hat nicht nur gut, sondern sensationell begonnen – das hätten nicht einmal größte Optimisten gedacht“, freut er sich.
Dennoch mahnt er bei all der Freude zur Vorsicht: „Weltweit sind Populisten an die Macht gekommen. Doch gerade in Europa werden die Ängste der Menschen missbraucht.“ Zwei Ursachen seien dabei erheblich: Die Menschen hätten Angst als wirtschaftliche Verlierer ihren sozialen Status einzubüßen. Weiterhin sei durch die schnellen Veränderungen der letzten Jahre eine Art Identitätsverlust entstanden. „Sie glauben, sie sind mit ihren Fragen und Ängsten von der Politik alleine gelassen worden“, erläutert Hering.
Den Populismus könne man nur mit klaren Konzepten und glaubwürdigen Politikern bekämpfen. Zentrale Fragen bräuchten Antworten, wie zum Beispiel in Fragen der Sicherheit. Dabei seien innere und soziale Sicherheit untrennbar. „In Rheinland-Pfalz haben wir das Bedürfnis nach innerer Sicherheit schnell erkannt, in dem beispielsweise kräftig in die Ausstattung und Personalverstärkung der Polizei investiert wird.“ Das Land stehe zudem für beitragsfreie Bildung von der Kita bis zum Studium, für ein starkes Ehrenamt und gesellschaftlichen Zusammenhalt. „Im sozialen Bereich ist einiges in der Gesellschaft durcheinander geraten“, so Hering. Der Wohlstand sei sehr ungerecht verteilt. So gehörten 56% des Wohlstandes in Deutschland 10 % der Bevölkerung, während 50% der Menschen, sich die unteren 2.5% teilen müssten. „Die Zahl derer, die als arm gelten, ist von 11% auf 16% gestiegen. Wir haben zwar einiges getan, wie den Mindestlohn, aber trotzdem merken die Menschen das. Der Wohlstand an sich ist gestiegen, aber er muss gerechter verteilt werden“, stellt der Landtagspräsident fest. Gesundheit und Pflege dürfe kein Luxusgut sein. „Wenn Menschen krank sind, darf es keinen Unterschied zwischen einem Bundespräsidenten und einem Pförtner geben. Wir brauchen eine Bürgerversicherung“, fordert Hering. Auch, dass es nur kleine Spielräume in der Steuerpolitik gäbe, müsse klar konstatiert werden. „Einen armen Staat können sich nur ganz reiche Menschen leisten“, verdeutlicht er.
Wohin ein blinder Nationalismus führe, das habe man in der NS-Diktatur sehen können. „Wir können den Frieden dauerhaft nur sichern, wenn wir für ein einiges Europa begeistern. Der Nationalismus darf sich nicht weiter verfestigen, er gefährdet die Selbstverständlichkeit von Frieden und Freiheit. Die Bundestagswahl im September bietet die Chance für ein klares Bekenntnis“, unterstreicht Hering.
Juso-Vorsitzender Chris Wilhelm gab einen kurzen Einblick in die Arbeit der neu gegründeten Gruppe, der sich bereits 28 junge Leute angeschlossen hätten.
Für 40jährige Mitgliedschaft in der SPD konnte Heiko Sippel fünf Mitglieder mit einer Urkunde und Ehrennadel ehren: Gertrud Breisch, Jutta Martin, Reinhard Buch, Wolfgang Dörrhöfer und Ernst Strohmenger.